Amerikanisches Recht – Pflichtteil und Enterbung des Ehegatten im amerikanischen Erbrecht
Die Vorschriften zum amerikanischen Pflichtteilsrecht und zur Enterbung von Ehegatten in den USA finden sich im Erbrecht der einzelnen Bundesstaaten (z.B. kalifornisches Erbrecht, texanisches Erbrecht, Erbrecht des Staates Florida etc.).
Das amerikanische Erbrecht lässt dem Erblasser grundsätzlich mehr Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit bei der Verfügung über den Nachlass, als das deutsche Erbrecht.
Die vollständige Enterbung eines Ehegatten ist jedoch in den meisten US-Bundesstaaten nicht möglich, wenn der enterbte Ehegatte nicht in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsvereinbarung wirksam zugestimmt hat.
Erhebliche zusätzliche Komplikationen ergeben sich daraus, das Pflichtteilsrecht in den USA in vom ehelichen Güterrecht abhängig ist, welches sich aus dem Ehe- und Familienrecht der einzelnen US-Bundesstaaten ergibt (z.B. kalifornisches Familienrecht, texanisches Familienrecht, Familienrecht des Staates Florida etc.).
Einige Bundesstaaten sehen die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand vor (u.a. Kalifornien, Texas) mit der Folge, das das nach der Eheschliessung erworbene Vermögen eines Ehegatten mit wenigen Ausnahmen automatisch beiden Ehegatten zusammen gehört. In diesen Bundesstaaten steht dem enterbten Ehegatten grundsätzlich die Hälfte des Gemeinschaftsgutes zu, während der Erblasser über die andere Hälfte sowie das ihm allein gehörende Vermögen frei verfügen kann.
In den Bundesstaaten ohne Gütergemeinschaft lassen sich vereinfacht dargestellt drei Modelle unterscheiden. Die Quoten und Einzelheiten ergeben sich dabei aus dem Erbrecht des jeweiligen Bundesstaates:
Manche Bundesstaaten geben dem überlebenden Ehegatten ein Pflichtteilsrecht am gesamten Vermögen unter der Kontrolle des Erblassers im Todeszeitpunkt, d.h. nicht nur den Vermögensgegenständen, die sich zum Todeszeitpunkt im Nachlass befinden und der gerichtlich überwachten Nachlassverteilung unterliegen. Dies schliesst auch Vermögen in Trusts etc. mit ein.
Andere Staaten geben dem Ehegatten ein Pflichtteilsrecht am Nachlass („Estate“) und einigen derjenigen Vermögensgegenstände (aber nicht allen) die der Erblasser am Nachlass vorbei vererbt. In diesen Staaten kann der Erblasser den Ehegatten durch geschickte Nachlassplanung teilweise enterben.
In den übrigen Bundesstaaten hat der Erblasser die Möglichkeit, das bestehende Pflichtteilsrecht am Nachlass dadurch zu umgehen, und den Ehegatten praktisch zu enterben, dass er Vermögensgegenstände vor seinem Ableben dem Nachlass entzieht. Dies kann durch Übertragung auf einen Trust und andere Instrumente der Nachlassplanung geschehen, mit denen Vermögensgegenstände am Nachlass und am gerichtlichen Nachlassverfahren („Probate“) vorbei vererbt werden.
Die Voraussetzungen und Fristen für die Geltendmachung des Pflichtteils in den USA unterscheiden sich in den einzelnen Bundesstaaten. Je nach Sachverhalt muss der enterbte Ehegatte das Testament und ggf. Trusts fristgerecht gerichtlich anfechten. Es ist daher dringend anzuraten, bereits frühzeitig die Hilfe eines Rechtsanwaltes mit Sitz und Zulassung in den USA in Anspruch zu nehmen.